Das Leitbild beschreibt, nach welchen Kriterien das Gesundheitssystem im Land in Zukunft weiterentwickelt werden soll und gibt Handlungsempfehlungen für die Umsetzung. Es ist das Ergebnis eines breit angelegten Beteiligungsprozesses mit allen Akteuren des Gesundheitswesens in Baden-Württemberg sowie Bürgerinnen und Bürgern. Künftig soll das Leitbild als Grundlage und Orientierungsrahmen für alle mit der Weiterentwicklung des Gesundheitswesens befassten Gremien und Organisationen sowie für Gesundheitsdialoge auf Landes-, Kreis- und Gemeindeebene dienen. Wie genau das geschehen soll, darüber diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der zweiten Landesgesundheitskonferenz (LGK) am Mittwochnachmittag.
Ministerin Altpeter wies darauf hin, dass die Landesgesundheitskonferenz insbesondere in Fragen der medizinischen Versorgung, der Pflege und der Gesundheitsförderung wegen der Bundeszuständigkeit keine rechtlich verbindlichen Beschlüsse erlassen könne. Jedoch: „In keinem anderen Bundesland ist es bisher gelungen, alle relevanten Akteure des Gesundheitswesens an einen Tisch zu bringen und gemeinsame Empfehlungen auszusprechen, die dann von den Beteiligten freiwillig im Rahmen ihrer Möglichkeiten umgesetzt werden. Darauf können wir in Baden-Württemberg stolz sein.“
Das Gesundheitswesen in Baden-Württemberg stehe heute noch gut da. „Angesichts der Alterung der Gesellschaft, der damit einhergehenden Zunahme chronischer Erkrankungen und der Begrenztheit finanzieller Mittel müssen wir uns aber Gedanken darüber machen, wie wir das auch in Zukunft sicherstellen können“, so Ministerin Altpeter. „Mit dem Gesundheitsleitbild bekennen sich alle Akteure zu einem regionalisierten Gesundheitssystem, das stark am Patienten ausgerichtet ist und die verschiedenen Versorgungsbereiche eng miteinander vernetzt. Das ist ein wichtiger Schritt hin zu einer zukunftsfähigen Gesundheitsversorgung.“
Statement AOK Baden-Württemberg
Anerkennende Worte kamen vom Vorstandsvorsitzenden der größten Krankenkasse im Land: „Es ist eine große Leistung, die gesundheitspolitischen Vorstellungen von so vielen Akteuren unter einen Hut bekommen zu haben“, so Christopher Hermann. Der AOK-Chef betonte die Mitverantwortung der AOK für die Gestaltung des Gesundheitswesens. Wichtig sei es, auf bestehenden Strukturen aufzubauen und dabei stärker als bisher auf Qualität als Entscheidungskriterium zu achten. Noch wichtiger als das Leitbild an sich ist für den AOK-Chef dessen Umsetzung: „Nun geht es darum, das Leitbild mit Leben zu füllen. Dies kann nur vor Ort geschehen. Die AOK Baden-Württemberg wird ihren Beitrag dazu leisten.“
Statement Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft
Laut dem Vorstandsvorsitzenden der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft, Landrat Thomas Reumann, passe das Gesundheitsleitbild zu dem landestypischen Verständnis der Akteure des baden-württembergischen Gesundheitswesens, stärker als andernorts auf Verständigung und Kompromiss aus zu sein. „Die Erarbeitung des Gesundheitsleitbilds in einem breiten Beteiligungsverfahren war eine Pioniertat. Ich bewerte das Ganze als Erfolg – nicht nur das Ergebnis, sondern auch den Prozess als solchen. Die breite Einbeziehung von Sachverstand aus dem Bereich der professionellen Akteurinnen und Akteure, der Bürgerinnen und Bürger und der Patientinnen und Patienten – diese umfassende Mobilisierung von Kenntnis und Erfahrung hat sich bewährt und dem Gesundheitsleitbild gutgetan“, so Reumann.
Statement Patientenvertreter
Auch Frank Kissling von der der LAG Selbsthilfe Baden-Württemberg lobte Entstehung und Inhalt des Gesundheitsleitbildes. Dass sich auch Menschen, die selbst von einer Behinderung oder einer chronischen Erkrankung betroffen sind, persönlich einbringen konnten, zeige, wie bürgernah das Gesundheitsleitbild erarbeitet wurde. „Aus Sicht der Patientenvertreter und der Selbsthilfe gibt das Leitbild die richtige Richtung zur Weiterentwicklung unseres Gesundheitswesens vor“, so Kissling. Nun seien alle Beteiligten aufgefordert, alle Gesundheitsbereiche in Baden-Württemberg noch bürger- und patientenorientierter weiterzuentwickeln sowie noch stärker miteinander zu vernetzen. „Die Akteure aus der Patientenvertretung und der Selbsthilfe sind bereit, sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten an der Umsetzung des Gesundheitsleitbildes zu beteiligen.“
Welche Ziele verfolgt das Gesundheitsleitbild?
Das Gesundheitsleitbild sieht vor, die Gesundheitsförderung und Prävention zu stärken. Dieser Bereich soll künftig gleichberechtigt neben der medizinischen Versorgung und Pflege stehen. Zudem spielt die Bürger- und Patientenorientierung als wichtiges Qualitätsmerkmal eine große Rolle. Zielgruppen- und bedarfsorientierte, auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierende Angebote versprechen den bestmöglichen gesundheitlichen Nutzen für jeden einzelnen Patienten und für die Bevölkerung insgesamt. Durch eine noch bessere Vernetzung sollen sektorenübergreifende Strukturen entstehen. Sie können die Versorgung insbesondere chronisch kranker Menschen verbessern und tragen dazu bei, Übergänge besser zu gestalten. Regionale Analysen und Diskussionsprozesse in den Kommunalen Gesundheitskonferenzen der Stadt- und Landkreise sollen darüber hinaus zukünftig Grundlage für die Gestaltung der Versorgungsstrukturen und der Lebenswelten vor Ort sein. Die Bürgerinnen und Bürger sollen daran beteiligt werden.
Wie wird das Gesundheitsleitbild umgesetzt?
Damit das Gesundheitsleitbild keine Theorie bleibt, sind alle beteiligten Akteure aufgefordert, die Leitsätze in ihren Organisationen aufzugreifen und in ihre Arbeit einfließen zu lassen. Gleiches gilt für die verschiedenen Fachgremien auf Landesebene – z. B. den sektorenübergreifenden Landesbeirat, den Landeskrankenhausausschuss, den Landespflegeausschuss und den Landesbeirat Geriatrie. Über die eingeleiteten Schritte und den Stand der Umsetzung in den verschiedenen Bereichen werden die Akteure und Gremien im kommenden Jahr auf der nächsten Landesgesundheitskonferenz berichten.
Ministerin Altpeter kündigte in diesem Zusammenhang ein Pilotvorhaben in sechs Stadt- und Landkreisen an. Die teilnehmenden Kreise sollen dabei einen „Fachplan Gesundheit“ für ihre Region erstellen. Auf Grundlage der gesundheitlichen und sozialen Gegebenheiten einschließlich der Versorgungssituation vor Ort sollen Handlungsziele und Maßnahmen im Sinne des Gesundheitsleitbildes formuliert werden. Die teilnehmenden Kreise werden mit je 50.000 Euro gefördert. Darüber hinaus soll in einem weiteren Modellprojekt beispielhaft für eine Region in Baden-Württemberg ein sektorenübergreifendes Versorgungskonzept entwickelt werden. Dieses Projekt, für das 1 Mio. Euro zur Verfügung stehen, ist auf zwei Jahre angelegt und soll wissenschaftlich begleitet werden.
Ergänzende Informationen:
Die Landesgesundheitskonferenz hatte das Leitbild gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern erarbeitet. Sie bildet das Dach der gesundheitspolitischen Akteure im Land und setzt sich aus Vertretern der Leistungserbringer, der Wissenschaft, der Kostenträger, der Patienten- bzw. Bürgerschaft, der Arbeitnehmer- und Arbeitgeber sowie der Landes- und Kommunalebene zusammen.
Quelle: Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren