Einleitung

In Baden-Württemberg steht das Gesundheitswesen, wie in anderen Ländern auch, vor großen Herausforderungen. Dazu tragen eine Reihe verschiedener grundsätzlicher Veränderungen bei, wie der demografische Wandel, die steigende Lebenserwartung der Bevölkerung oder der medizinische Fortschritt.

Weitere bedeutsame Faktoren sind die zunehmende Heterogenität der Gesellschaft einschließlich der Zunahme sozialer Unterschiede, der geänderte Lebensstil, der die Entwicklung von Zivilisationskrankheiten begünstigt sowie die Zunahme psychischer Belastungen und Erkrankungen durch die hohe Anforderungsdichte im privaten und beruflichen Bereich.

In unserer älter werdenden Gesellschaft ist damit zu rechnen, dass chronische Erkrankungen weiter zunehmen. Dies wird trotz des Bevölkerungsrückgangs zu einer wachsenden Nachfrage nach gesundheitlichen, medizinischen und pflegerischen Dienstleistungen führen. Gleichzeitig wächst aber auch ein individuelles Bewusstsein für die Notwendigkeit, die Gesundheit zu erhalten, so dass auch Angebote aus dem Bereich Gesundheitssport, Fitness und Wellness sowie der Alternativ- und Komplementärmedizin zunehmend nachgefragt werden.

Obwohl die Bedeutung von Gesundheitsförderung und Prävention zunehmend wahrgenommen wird, sind die Akteure und Maßnahmen auf Landesebene und vor Ort noch nicht immer aufeinander abgestimmt und untereinander vernetzt. Noch nicht alle Bevölkerungsgruppen und Lebenswelten werden gleichermaßen erreicht. Gesundheit als zentraler Faktor ist noch zu wenig und noch nicht nachhaltig in allen Politikbereichen verankert.

Unsere Einrichtungen der medizinischen und pflegerischen Versorgung und Beratung und die Leistungsträger sichern in Baden-Württemberg gemeinsam mit den Pharma-, Medizintechnik- und Biotechnologieunternehmen sowie den Forschungseinrichtungen ein hohes Niveau unseres Gesundheitswesens, das es zu bewahren und weiterzuentwickeln gilt.

Aktuelle Herausforderungen sind der zunehmende Kostendruck im Gesundheitswesen, der beispielsweise einen Strukturwandel im Krankenhausbereich bedingt, ebenso die Sicherstellung der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung im ländlichen Raum oder der zunehmende Mangel an Pflegekräften, Ärztinnen und Ärzten sowie Apothekerinnen und Apothekern.

Baden-Württemberg hat die Förderung der Gesundheit der Bevölkerung als zentrale Aufgabenstellung erkannt. Hierfür ist die Gestaltung gesundheitsförderlicher Lebenswelten und die Schaffung der Bedingungen für ein gesundes Aufwachsen und Leben wesentlich. Denn bereits vor der Geburt und in der frühen Kindheit wird der Grundstein für ein gesundes Leben gelegt, weshalb in allen Lebensphasen kontinuierlich mit geeigneten Strukturen und Maßnahmen angesetzt werden soll. Gleichzeitig ist eine gute medizinische und pflegerische Versorgung unabdingbar und Grundvoraussetzung unseres Gesundheitswesens. Das Gesundheitswesen soll in allen Handlungsfeldern bürger- und patientenorientierter, vernetzter und regionalisierter werden.

Ein wichtiges Ziel ist es, bei steigender Lebenserwartung möglichst viele beschwerdefreie und selbstbestimmte Lebensjahre zu ermöglichen. Chronische Erkrankungen, die zum Teil auch lebensstilbedingt sind, und gesundheitliche Einschränkungen müssen effektiver als bisher vermieden bzw. ihr Auftreten in eine spätere Lebensphase verschoben werden. Ebenso wichtig ist es, die Verschlimmerung bereits bestehender Beeinträchtigungen oder Beschwerden zu verhindern bzw. den Umgang mit chronischen Krankheiten oder Beeinträchtigungen zu verbessern, um möglichst lange eine zufriedenstellende Lebensqualität zu erhalten. Gesundheitsförderung und Prävention sollen alle Menschen in allen Lebenswelten erreichen.

Parallel dazu ist es notwendig, die medizinischen Versorgungsstrukturen bedarfsgerecht, inklusiv und qualitativ hochwertig weiterzuentwickeln. Zukünftig sollen ambulante und stationäre Angebote im Sinne eines einheitlichen Versorgungspfades besser aufeinander abgestimmt werden. Passgenaue Lösungen für die medizinische und pflegerische Versorgung in der jeweiligen Region müssen entwickelt und dabei die Interessen der Bürgerinnen und Bürger mit einbezogen werden.

Alle Menschen unabhängig von sozialem Status, Alter, Herkunft oder Geschlecht haben einen möglichst niederschwelligen Zugang zu allen erforderlichen Gesundheits- und Pflegeleistungen. Menschen mit Behinderung sollen im Sinne des inklusiven Gedankens barrierefrei in allen Lebensbereichen an der Gesellschaft teilhaben können. Möglichst viele Menschen werden befähigt, verantwortungsbewusste Entscheidungen hinsichtlich ihrer Gesundheit treffen zu können.

Angebote und Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Prävention sind, ebenso wie medizinische und pflegerische Versorgungsangebote, zielgruppenorientiert zugeschnitten. Erkenntnisse der Gender-Medizin, aber auch notwendige Differenzierungen des Bedarfs nach Alter, Behinderung, sozialer, ethnischer oder kultureller Herkunft werden beachtet.

Leitsätze wurden für die folgenden Handlungsfelder formuliert:

Die Leitsätze folgen den großen Zielrichtungen Bürger- und Patientenorientierung, Regionalisierung und Vernetzung. Mögliche Handlungsempfehlungen befinden sich unter dem jeweiligen Leitsatz. Sie dienen gleichzeitig dazu, den Leitsatz inhaltlich näher zu erläutern („Um dies zu erreichen, ist es wichtig, dass …“). Diese Handlungsempfehlungen können in den kommenden Jahren von der Landesgesundheitskonferenz fortgeschrieben werden.

Alle Beteiligten und jeder Einzelne können zur Umsetzung der Leitsätze beitragen. Lebenswelten und Rahmenbedingungen müssen entsprechend gestaltet werden.

Auf Landesebene sollen Lösungen zur Konkretisierung der Leitsätze in den Fachgremien sowie in ressortübergreifender Abstimmung für die verschiedenen Zielgruppen diskutiert und transparent dargestellt werden. Auf kommunaler Ebene tragen die Kommunalen Gesundheitskonferenzen der Landkreise und Stadtkreise dazu bei, im Sinne der Leitsätze kommunale Ziele für die Gesundheitsförderung, Prävention, medizinische Versorgung sowie Pflege festzulegen und eine regional bedarfsgerechte Verteilung und Gestaltung der Versorgungsstrukturen zu unterstützen. Die entsprechenden Fachplanungen (z. B. Altenhilfeplanung) sind dafür eine wesentliche Grundlage.

Die Grundaussagen, die in der Einleitung genannt wurden, gelten für alle Leitsätze und Handlungsempfehlungen in jedem Handlungsfeld.

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